Aufgrund des aktuell bestehenden Coronavirus gilt in Österreich eine Ausgangssperre. Das Betreten des öffentlichen Raumes ist daher nur sehr eingeschränkt möglich.
Viele fragen sich in diesem Zusammenhang nunmehr, wie die rechtliche Situation in Zusammenhang mit bereits gebuchten Reisen und einer allfälligen Stornierung dieser ist.
Eine pauschale Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich. Es ist zunächst davon zu unterscheiden, ob eine Pauschalreise oder eine Individualreise vorliegt.
1. Pauschalreise
Eine Pauschalreise liegt insbesondere dann vor, wenn mehrere Einzelleistungen von einem Unternehmen im Paket dem Reisenden zur Verfügung gestellt werden. Diese Reiseleistungen können beispielsweise die Beförderung und die Unterbringung einer Person oder auch die Autovermietung bzw. auch jede andere touristische Leistung sein. Eine Pauschalreise liegt dann vor, wenn mindestens zwei dieser Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise vorliegen. Ist dies der Fall, so kommen die Bestimmungen des Pauschalreisegesetzes zur Anwendung.
Dieses Pauschalreisegesetz regelt ganz konkret, dass dem Reisenden vor Beginn der Pauschalreise ohne Zahlung einer Entschädigung, sohin ohne Stornogebühr, ein Rücktrittsrecht zusteht, wenn am Urlaubsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Urlaubsort erheblich beeinträchtigen. Solche unvermeidbaren und außergewöhnlichen Umstände sind beispielsweise Krieg oder terroristische Anschläge. Aus unserer Sicht fällt das aktuelle Coronavirus auch darunter. Dies wird auch vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Er hat beispielsweise in der Entscheidung 4 Ob 103/05h die Unzumutbarkeit einer Reise in Folge höherer Gewalt aufgrund eines Ausbruchs der Infektionskrankheit SARS bestätigt.
Aus unserer Sicht ist wesentlich, ob im Zeitpunkt des Urlaubsantritts eine aktuelle Gefährdung aufgrund des Coronavirus zu befürchten ist.
Ein Indiz dafür sind aus unserer Sicht auch die aktuellen Reisewarnungen des Außenministeriums. Bei einer Reisewarnung am Urlaubsort ist von einem kostenlosen Rücktrittsrecht der gebuchten Pauschalreise auszugehen.
Für den Sommerurlaub bedeutet dies also, dass derzeit eine gesicherte Prognose noch nicht erfolgen kann. Es wird abzuwarten sein, ob die Reisewarnungen im Sommer noch bestehen.
2. Einstellung des Flugbetriebs
Ein weiteres Problem könnte sich daraus ergeben, dass nahezu alle Airlines den Flugbetrieb derzeit vorübergehend eingestellt oder massiv reduziert haben. Für diesen Fall ergibt sich aus unserer Sicht auch, dass die Beförderung vom Reisenden an den Urlaubsort erheblich beeinträchtigt und auch aus diesem Grund ein Rücktritt einer Pauschalreise möglich ist.
Unabhängig davon, stehen dem Betroffenen nach der Fluggastrechte-Verordnung Entschädigungsansprüche zu. Vorrangig kann der Reisende die vollständige Erstattung des Flugpreises verlangen oder wahlweise auch eine andere Beförderung in Anspruch nehmen.
Wenn der Flug derart kurzfristig gestrichen wird, dass dem Reisenden hierdurch Unannehmlichkeiten (lange Wartezeiten, etc.) entstehen, so steht ihm zusätzlich auch ein Ausgleichsanspruch, dessen Höhe von der Flugentfernung abhängig ist, zu.
3. Individualreise
Liegt keine Pauschalreise vor, so ist von einer Individualreise auszugehen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn man selbst beispielsweise online eine Hotelreservierung vornimmt und die Anreise ebenso selbstständig vornimmt oder bucht.
Zunächst sei auf die Rechtslage innerhalb Österreichs zu verweisen, wenn man also einen Kurzurlaub in Tirol gebucht hat, so sind diese Hotels aktuell, aufgrund gesetzlicher Verordnungen geschlossen, sodass der Urlaubsantritt überhaupt nicht möglich ist, da das Hotel aufgrund höherer Gewalt und behördlich angeordneter Maßnahmen geschlossen ist. In diesem Fall besteht, unserer Ansicht nach, ein kostenloses Rücktrittsrecht und ist der gesamte bereits bezahlte Reisepreis zurückzuerstatten. Ab jenem Zeitpunkt, ab dem die Hotelbetriebe in Österreich wieder ihren Betrieb aufnehmen dürfen, ist die Situation neu zu beurteilen. Es wird dann vermutlich nicht mehr von einer derartigen Bedrohungssituation durch das Coronavirus in Österreich auszugehen sein, sodass grundsätzlich kein kostenloses Rücktrittsrecht besteht. Es wäre daher entweder die Reise anzutreten oder allerdings, für den Fall, dass man die Reise nicht antreten möchte, die entsprechenden Stornokosten zu bezahlen. Sollte eine derartige Situation vorliegen, empfiehlt es sich daher mit dem Hotel in Kontakt zu treten und eine einvernehmliche Lösung zu suchen.
Bei einem Auslandsurlaub ist die rechtliche Beurteilung etwas schwieriger und hängt sehr vom Einzelfall ab. Bereits bei der Frage, ob das österreichische Recht oder das Recht, in dem sich der Hotelbetrieb befindet, Anwendung findet, ist im Einzelfall auch auf Basis des abgeschlossenen Vertrages zu beurteilen.
Wenn man davon ausgeht, dass österreichisches Recht Anwendung findet, so gibt es die Möglichkeit, sich auf den Rechtsgrund der Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Besteht also am Urlaubsort noch eine akute Gefahr aufgrund des Coronavirus, so wird es dem Reisenden unzumutbar sein, sich einer derartigen Gefahr bei einer Urlaubsreise auszusetzen bzw. im Urlaubsland beispielsweise unter Quarantäne gestellt zu werden, so ist auch diesbezüglich der kostenlose Rücktritt vom Reisevertrag möglich. Als Entscheidungsgrundlage, ob eine derartige Gefährdungssituation vorliegt, kann wiederum die Reisewarnungen des Außenministeriums herangezogen werden.
4. Muss ich anstelle der Rückzahlung einen Gutschein akzeptieren?
Wenn Sie gemäß den obigen Ausführungen einen Rechtsanspruch auf Rückzahlung des bereits bezahlten Reisepreises haben, ist dieser Reisepreis auch entsprechend rückzubezahlen und eine Abfindung in Form eines Gutscheines nicht zulässig. Selbstverständlich steht es Ihnen aber frei, mit dem Reiseveranstalter zu vereinbaren, dass Sie auch mit einem Gutschein zufrieden sind. Ein Rechtsanspruch darauf besteht allerdings nicht.
Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn kein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises besteht. Hier ist der Reiseveranstalter in der besseren Situation und kann es unter Umständen ratsam sein, anstelle hoher Stornogebühren einen Gutschein für eine spätere Reise auszuverhandeln.
Wir empfehlen allerdings vor Annahme eines Gutscheines die rechtliche Situation eingehend überprüfen zu lassen. Haben Sie mit dem Reiseveranstalter bereits einmal eine Einigung, beispielsweise über die Ausstellung eines Gutscheines getroffen, so lässt sich diese nur mehr schwer rückgängig machen.
5. Zusammenfassung
Zusammengefasst besteht aus unserer Sicht aufgrund der aktuellen Situation, insbesondere für Pauschalreisen und Reisen innerhalb Österreichs ein kostenloses Rücktrittsrecht. Bei Auslandsreisen und bei Individualreisen, insbesondere vom Coronavirus betroffene Gebiete, ist die Rechtslage individuell zu beurteilen.
Vor der Annahme eines Gutscheins anstelle der Rückerstattung des Reisepreises sollte rechtliche Beratung eingeholt werden. Wir stehen Ihnen dafür gerne zur Verfügung.